In diesem Artikel wollen wir uns zwei Themen anschauen, die auf den ersten Blick vielleicht wenig gemeinsam haben, doch technisch mit sehr gleichen Funktionen gelöst werden können.
Dabei geht es um
- Einkaufsmengen und Verpackungsgrößen
- Mindestbestellmengen
Schauen wir uns dazu erst einmal Einheiten und Produkte schrittweise etwas genauer an.
Einkaufsmengen und Verpackungsgrößen
Wer bereits mit Odoo gearbeitet hat, ist vielleicht schon darüber gestolpert, dass man in der Erfassung der Anfragepositionen jede beliebige Mengenangabe hinterlegen kann. Das lässt sich an diesem Screenshot sehen:
Was ist jedoch, wenn ein bestimmtes Produkt nicht in jeder Menge eingekauft werden kann? In vielen Systemen lässt sich auf Ebene der Stammdaten ein Zähler hinterlegen, der angibt, in welchen Schrittgrößen eine Menge hochgezählt oder erfasst werden kann.
Lösung
In Odoo ist das natürlich ebenfalls möglich, indem man Einheiten im Einkauf erstellt. Dazu muss man wissen, dass diese Einheiten natürlich auch für den Verkauf existieren. Odoo lässt die Anlage und Nutzung der Einheiten recht offen und flexibel. Dabei gibt es lediglich eine Bedingung: Das Produkt muss für Einkauf und Verkauf in der gleichen Kategorie sein.
Hierzu wechselt man in den Menüpunkt zur Anlage von Einheitenkategorien:
Beispiel
Wir haben Cutter-Klingen, die zwar in Stück auf Lager liegen und in Stück verkauft werden, jedoch nur in 10er Packs eingekauft werden können. Um keine Verwechselung mit anderen Produkten auszulösen und um die Bedienung in der Anlage der Bestellanfragen zu vereinfachen, legen wir eine eigene Kategorie für die Klingen an. Damit wird gewährleistet, dass grundsätzlich nur die Einkaufseinheiten für die Klingen angezeigt werden.
Das Ganze könnte dann ungefähr so ausschauen:
Hier ist auch sofort ersichtlich, dass über Rundungen eine unsinnige Eingabe von 4.333, wie im ersten Beispiel erfolgt, verhindert werden kann.
Nun ist es Zeit, das dazugehörige Produkt anzulegen. Hier müssen wir im Verkauf schon direkt umstellen auf die einzelne Klinge:
Da die Verkaufseinheit auch gleichzeitig die führende Lagereinheit ist, werden wir einzelne Stücke auf Lager liegen haben und Kunden können einzelne Klingen bei uns bestellen.
Die Einkaufseinheit bestimmen wir im Reiter „Einkauf“. Hier stellen wir als Standardeinheit „Pack of 10 blades“ ein:
Um zu sehen, dass das Ganze schon greift, kann man die Einkaufseinheiten in der Preisliste pro Lieferant einblenden. Dazu klickt man rechts auf die Spaltenübersicht und aktiviert die Einheiten:
Danach sehen wir, dass die Einheit „Pack of 10 blades“ übernommen wurde:
Nun ist nur noch zu berücksichtigen, dass der EK-Preis ebenfalls für den Pack-Preis eingegeben werden muss.
Das Ganze kann nun getestet werden, indem wir eine Beschaffung direkt vom Produkt aus auslösen. Dazu klicken wir auf den Knopf „Replenish“:
Bestätigt man den Bedarf, erhalten wir eine Bestellanfrage über 10 Klingen in einem Pack:
Ändert man hier die Menge auf 2, 3 oder 4, erhöht sich natürlich die Menge schrittweise auf 20, 30, 40. Nach Bestätigung der Bestellung sieht man, dass entsprechend 40 Klingen im Wareneingang erwartet werden:
und der Wareneingang:
Mindestbestellmenge
Im nächsten Schritt stellen wir uns der Aufgabe, beim Lieferanten mindestens 20 Klingen einkaufen zu müssen (also mindestens zwei 10er Pakete auf der Bestellung).
Problematik
Auch an dieser Stelle wird man weder eine Konfiguration in Odoo finden noch einen Hinweis zur Behandlung in der offiziellen Dokumentation.
Da Odoo direkt eine Bestellanfrage generiert, sollte mindestens ein Lieferant am Produkt hinterlegt sein, wie sollte die Mindestbestellmenge sonst auch funktionieren? Wenn drei unserer Cutter-Klingen als Bedarf gemeldet werden und aus den drei direkt eine 20 werden würde, was wäre, wenn kurze Zeit später ein weiterer Bedarf von drei Klingen gemeldet wird? Zu dem Zeitpunkt ist ja nicht länger bekannt, dass in den 20 eigentlich nur ein Bedarf von drei enthalten ist. Somit müsste diese zusätzliche Menge auf die 20 aufgerechnet werden, wobei der tatsächliche Bedarf nur sechs wäre, und sich die Menge noch innerhalb der Mindestbestellmenge befinden würde. Die Differenz wäre eine noch größere Übermenge.
Lösung
Dieser Aspekt hat zwei Lösungsmöglichkeiten, wobei die eine die andere nicht unbedingt ausschließt.
Beschaffungsregel
Der wohl häufigste Fall, über den im System ein Bedarf ausgelöst wird, ist wohl der Weg über die Anlage einer Beschaffungsregel. Der Minimumwert (Spalte „Min“) besagt, dass die Regel ausgelöst wird, wenn die verfügbare Menge auf Lager unter diesen Wert fällt.
Dabei wird dann eine Bestellanfrage über die Differenz, um die das Minimum unterschritten wird, bis hin zum Maximum als nachzubestellende Menge errechnet.
Hier ein konkretes Beispiel auf der exemplarisch angelegten Bestellregel:
Ist die Lagermenge der Cutter-Klinge neun, löst dies die Regel aus. Da auf 30 aufgefüllt werden soll, erhalten wir also eine nachzubestellende Menge von 21.
Wenn man die Situation nachspielt, erhält man folgenden Bestellvorschlag:
Da wir hier auch gleich das 10er Pack als Ergebnis erhalten, funktioniert das Ganze also schon recht gut.
Daraus lässt sich schließen, dass die Mindestbestellmenge schon in der Differenz zwischen dem Minimum und dem Maximum eingerechnet werden sollte, wenn nicht sogar muss.
In unserem Fall ist klar, das der Einkäufer hier manuell die Menge anpassen müsste, da eine Menge von 2,1 sicherlich nicht eingekauft werden kann. Ob eine automatische Auf- oder Abrundung an dieser Stelle wirklich sinnvoll ist, sei einmal dahingestellt, denn vermutlich wird die Situation nicht so einfach sein. Die entsprechenden Mengen werden aus unterschiedlichen Beschaffungsquellen zusammengeführt und an dieser Stelle könnten Auf- oder Abrundungen sehr negative Effekte haben. Daher ist zu empfehlen, dass die endgültige Korrektur bei einem menschlichen Benutzer bleibt.
Einkaufspreisliste
Kommen wir zur zweiten Option, die übrigens nicht die Beschaffungsregel ersetzt. Diese Möglichkeit kann additiv genutzt werden oder dann, wenn es sich um ein Produkt ohne automatisierte Wiederbeschaffung handelt.
In den Stammdaten finden sich zwei weitere versteckte Felder:
Bei der Anlage eines Lieferanten ist es möglich, eine abweichende Artikelnummer (Vendor Product Code) sowie Name bzw. Beschreibung (Vendor Product Name) pro Lieferant zu hinterlegen.
Gehen wir einfach hin und hinterlegen bei dem Produktnamen die Mindestbestellmenge als Text, so erhält der Einkäufer automatisch den Hinweis, dass hierauf zu achten ist. Natürlich sieht der Lieferant diesen Text ebenfalls, doch was spricht dagegen?
Hier unser erweitertes Beispiel:
Wenn wir nun die Bestellanfrage neu generieren lassen, schaut diese so aus:
Somit können auch weitere prozessrelevante Daten hier integriert werden. Wer die Anfrage nun durcharbeitet, kann aus den Texten etwaige Anpassungen ableiten und darüber hinaus ist es in der externen Kommunikation sogar noch transparenter.
Fazit
Auch hier konnten wir recht einfach eine Grundfunktionalität lösen, obwohl es diese Funktion in dieser Form nicht gibt. Am Ende des Tages ist es nicht relevant, wie etwas benannt wurde, sondern nur, ob es funktioniert und man sich diese Funktion zunutze machen kann.
Im nächsten Artikel gehen wir einen kleinen Schritt weiter!
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