Ob es an Odoo liegt oder an der Ausrichtung der Partner ist schwer zu
sagen. Vielleicht ist es auch nur ein persönlicher Blick auf die eigene
Entwicklung und auf das, was Projekte gemeinsam haben, wenn man sie
übernimmt. In vielen dieser Projekte wurde ein technischer Ansatz
gewählt. Vielleicht mag es auch damit zu tun haben, dass Anfragen oder
Pflichtenhefte teilweise schon mit genauen Funktionsbeschreibungen
aufwarten, wenn man sie erhält. Möglicherweise liegt es aber auch nur an
der Reife der Partner, die sich darauf einlassen.
Wir kennen diesen Ansatz aus der Vergangenheit zur Genüge. Oft sitzen
in den Workshops Entscheidungsgremien, und es werden entweder
„vermeintlich“ fehlende Funktionen besprochen oder man plant Prozesse
und deren Optimierungen bzw. Unterstützungen zur Steigerung der
Effizienz schon zum Zeitpunkt der Einführung. Der Grund dafür ist, dass
man die Prozesse aus dem Altsystem kennt, sie als Standard empfindet,
und nun nach einem „besseren Altsystem-System“ sucht, das diesen
Standard genauso abdeckt.Dies führt oft dazu, dass Einführungen, wenn sie glücken, sehr holprig
werden können, viel Support für eine „Nachheilung“ verschlingen oder
eine Skalierung danach massiv erschweren.
Zum Thema was Standard ist und was nicht und dass es eigentlich keinen
gibt, hatten wir bereits in einem früheren Blog unsere Ansicht dargelegt.
Unser Ansatz
Aus diesem Grund wählen wir einen anderen Weg, nämlich den, die
täglichen Arbeitsschritte der Mitarbeiter auf Odoo auszurichten. Das ist
manchmal einfacher gesagt, als tatsächlich umgesetzt. Der Grund dafür
liegt nicht nur in der reinen Gewohnheit, sondern auch darin, dass Odoo
in einigen Punkten ein sehr durchdachtes und einfaches Konzept bzw.
teilweise eine neue Sicht der Dinge mit sich bringt. Wenn man sie nutzt,
tragen sie tatsächlich zu Effizienz oder Optimierung bei, ohne dass
nachträglich optimiert werden muss. Viele Nutzer sind jedoch auf der
Suche nach ihren alten Funktionen oder den alten, wohlbekannten Prozesse
im neuen Tool.
Was ist Odoo?
Doch gehen wir einen Schritt kurz zurück und fragen uns, was diese „neue Sicht der Dinge“ ist.
Es gibt einige Prozessvereinfachungen, die dadurch erreicht werden
können, dass es ein integriertes System ist und keine Fachapplikation
oder „Best-of-Breed“ Lösung. Mit anderen Worten, der Fokus liegt auf dem
Austausch von Informationen.
Machen wir ein kleines Beispiel „Odoo vs Best-of-Breed“: Odoo hält
natürlich ein zentrales Adressbuch vor, in dem Kontakte als Kunden
und/oder Lieferanten geführt werden. Hier kann eine Kontierung
hinterlegt werden, sollte die Adresse oder der Kontakt ein Debitor oder
ein Kreditor sein. Abhängig vom Sachverhalt wird das eine oder andere
Konto verwendet. Doch in dem von Odoo generierten Buchungssatz wird
nicht nur kontiert, sondern auch die Verknüpfung mit dem Partner (also
mit der Adresse oder dem Kontakt) hinterlegt. Dies wiederum hat den
Vorteil, dass bei der eigentlichen Kontierung sogar ein Hauptbuchkonto
mitgeführt werden und die Verknüpfung mit dem Partner als Führen des
Nebenbuchs interpretiert werden kann. Dadurch, dass es in Odoo möglich
ist, schnell und einfach zu filtern und zu gruppieren, kann jederzeit
ein Saldo auf dem Sachkonto bzw. pro Partner angezeigt/ermittelt werden.
Durch diesen kleinen technischen Trick lässt sich als Konsequenz z.B.
ein Monatsabschluss vereinfachen, da kein Saldo umgeschrieben werden
muss.
Und hier liegt der Unterschied zu einer Best-of-Breed Lösung. Diese
stellt natürlich nur einen Sachverhalt dar und nicht den Zusammenhang,
wie anders soll es auch möglich sein? D.h. hier arbeite ich nur mit der
Information, die meinen Sachverhalt betrifft. In dem exemplarischen
Szenario ist das nur meine Kontierung, denn den Kunden/Lieferanten habe
ich nicht. Demnach muss diese Information mit den Bordmitteln
dargestellt werden. Dies wiederum bedeutet, dass zur Darstellung
separate Konten für Debitoren und Kreditoren angelegt werden müssen, da
dies eine der wesentlichen Informationen eines Buchungssatzes ist. Dies
führt natürlich Folgeprobleme mit sich, wie:
a) Konten müssen vorab angelegt werden
b) es muss unbedingt darauf geachtet werden, dass keine doppelten
Konten angelegt werden, denn sonst splittet sich der Saldo. Doch die
Aufgabe ist nicht unbedingt einfach zu erfüllen, da die Buchhaltung die
„durchführende Abteilung“ ist, die nicht im Kundenkontakt steht und es
schwer hat, ggfls. unterschiedliche Benennungen als eine zu
identifizieren
c) muss wie beschrieben am Monatsende zur Erfüllung des
Monatsabschlusses ein Saldo umgeschrieben werden. Ob ein System dies
durch eine Funktion vereinfacht oder nicht, spielt keine Rolle, im Fall
von Odoo ist es nicht notwendig.
Es gibt viele weitere größere und kleinere Beispiele dieser Art und dies über alle Module hinweg, vom CRM bis zu den Finanzen.
Die Erwartungen
Ein wesentlicher Punkt bei der Einführung ist also auch, die
Vorstellungen der Benutzer oder die Prägungen aus klassischen Systemen
einzufangen und die richtigen Mittel in Odoo zu finden. Diese Aufgabe
setzt sehr gute Kenntnisse von Odoo voraus, Kenntnisse der typischen
Probleme oder Anforderungen des jeweiligen Fachbereichs und den
entsprechenden Lösungsansatz in Odoo.
Und als ob dies als Herausforderung nicht genug ist, kommt noch ein
letzter Aspekt hinzu: Viele verwechseln ERP mit einem Steuerungstool.
ERP bedeutet unter anderem, dass Ressourcen geplant und ein Fluss
dazwischen sichtbar gemacht werden kann, um Entscheidungen fällen zu
können. Es bedeutet keineswegs, dass das Tool dem Benutzer sagt, was es
täglich zu tun hat. Dies kann keine IT Lösung erfüllen, da Computer
nicht bewerten können, ob Eingaben richtig oder falsch sind.
Soviel zum prozessualen Teil. Was Odoo ebenfalls auszeichnet ist,
dass es die Kommunikation belegbezogen erlaubt und die Versionierung
dazu chronologisch einordnet. Somit erreicht man eine sehr hohe
Transparenz zu den Vorgängen. Man kann also behaupten, dass Odoo eine
strukturierte Kommunikationslösung beinhaltet. Und hierin liegt der
größte tatsächliche Nutzen, mit dem viele Funktionen klassischer Systeme
gelöst werden können.
Was also ist die Lösung?
Die Frage, „wie kommt man jetzt zur Lösung?“ bringt uns geradewegs wieder zur Überschrift.
Zur Einführung werden innerhalb der Analysephase zwei Aspekte ermittelt:
Im ersten Schritt legen wir gemeinsam mit dem Management die Ziele
der Einführung fest. Dazu werden wesentliche Rahmenparameter ermittelt,
indem man das bereits existierende Reporting und/oder existierende
Kalkulationen betrachtet. In der Folge werden die bis dahin täglichen
Arbeitsschritte und Prozesse der Mitarbeiter über Key User festgehalten
und in einem weiteren Schritt auf Odoo abgebildet. Dadurch wird
gewährleistet, dass das System später beim Benutzer ankommen kann.
Der wesentliche Punkt ist, dass dabei keine Optimierungen im Fokus
stehen. Im ersten Schritt konzentriert man sich ausschließlich darauf,
ein einsatzfähiges System in Betrieb zu bekommen, das auch tatsächlich
von allen Benutzern genutzt werden kann. Denn wie in der Einleitung
beschrieben, ist dies der größte Fehler vieler Implementierungen, beides
in einem Schritt durchzuführen (womöglich, weil dies auch die
allgemeinen Erwartungen sind). Doch hat man zwei Veränderungen zur
gleichen Zeit, ist schwer festzustellen, wo die Ursache im Falle von
Schwierigkeiten liegt. Ist es die Optimierung, die nicht passt oder ist
es das System?
Fazit
Kurzum, am Anfang steht der Mensch im Fokus, erst danach werden neue
Funktionen oder Automatisierungen definiert und in den Gesamtprozess
integriert. Denn sollte das neue System danach nicht den gewünschten
Effekt erzielen oder Probleme verursachen, kann es nur die letzte
Änderung sein.
Dieses Ziel ist bei kleineren Unternehmen garantiert erreichbar. Hier
ist sogar sehr entscheidend, keine Veränderungen, neue Funktionen oder
sogar Automatisierungen zum Start hinzuzufügen, da durch jede
Erweiterung die Flexibilität von Odoo genommen wird. Hier muss das ERP
System sich unbedingt anpassen können, was nur durch weniger Funktionen
und somit einer höheren Offenheit erreicht werden kann. Ab einer
gewissen Größe wird es jedoch sehr viel schwieriger, denn hier spielt
oft die Firmenpolitik eine Rolle.
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